Bonhoeffer-Wochen in Mallersdorf-Pfaffenberg

Veröffentlicht am 19.07.2010 in Allgemein

Ehrengäste der Ausstellungseröffnung: vl. Franz Windirsch, Dieter Gipser, Armin Buchner, Martin Kreutz, Klaus Achatz, MdL Joachim Werner, Sr. , Pfarrerin Dörte Knoch, Resi Bittner, Hort und Ute Kubatschka, Heinrich Kaiser, Ruth Müller, Rainer Pasta

MdL Joachim Werner: „Eine Schande für unser Land“

Eröffnung der Bonhoeffer-Ausstellung im Klinikum Mallersdorf – Deutliche Worte von Kirche und Politik

Als letzte Station einer 12-wöchigen Wanderausstellung wurde am Sonntag die Ausstellung zum Leben und Wirken des evangelischen Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer eröffnet. Nach einem anregenden Abendgottesdienst in der Krankenhaus-Kapelle, sprach MdL Joachim Werner, Vorsitzender des Petitionsausschusses im Bayerischen Landtag, die Eröffnungsrede. Die Würde des Menschen stand dabei im Mittelpunkt und Werner forderte dafür nicht den Mut Bonheoffers ein, sondern verlangte vor allem von den gewählten Volksvertretern mehr Zivilcourage.

In ihrer engagierten Predigt, würdigte Pfarrerin Dörte Knoch, das Leben und Wirken des evangelischen Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer. Sie lobte seinen Mut sich für Verfolgte und Notleidende während der NS-Diktatur einzusetzen, regte für sich und die Gottesdienstbesucher aber auch die Frage an: Hätte auch ich den Mut gehabt, Widerstand zu leisten? – eine frage die wohl keiner so ohne weiteres beantworten konnte. Pfarrerin Knoch dankte dem SPD-AK Labertal für die Initiative und Organisation der Wanderausstellung, die in den nächsten 2 Wochen im Foyer der Klinik Mallersdorf zu sehen sei und legte in ihrer Predigt großen Wert darauf, den Bezug zum Jetzt herauszustellen. Soziale, ökologische und gesellschaftliche Missstände würden auch heute den Mut und das Engagement eines jeden Einzelnen fordern und Dietrich Bonhoeffer sollte hier als Vorbild wirken

In Ihren Grußworten gingen SPD-Ortsvorsitzender Martin Kreutz, Bürgermeister Karl Wellenhofer und Klinik-Chef Klaus Achatz auf die enge Zusammenarbeit zwischen SPD-Ortsvereinen und den evangelischen Krichengemeinden in der Region ein. Martin Kreutz bekräftigte die Bedeutung der Ausstellung um Dietrich Bonhoeffer, sein leben und Wirken, einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. „Es ist wichtig und richtig“, so Kreutz, „dass wir hier ein Zeichen setzen, denn viel zu viele Menschen können mit Dietrich Bonhoeffer so gar nichts anfangen – vielen konnten wir mit den Bonhoeffer-Wochen die Möglichkeit bieten, ihm ganz ungezwungen zu begegnen.“ BGM Karl Wellenhofer erinnerte an die Geschehnisse vor 65 Jahren und die Todesmärsche im Labertal, die in Flossenbürg starteten und somit die Brücke zu Dietrich Bonhoeffer bildeten, der dort ermordet wurde. Wellenhofer forderte alle engagierten Bürgerinnen und Bürger zum „Nachdenken und Wachbleiben“ auf. In allen Grußworten wurde der Wunsch deutlich, dass neben Angestellten, Patienten und Angehörigen gerade die Schulen noch die Möglichkeit nutzten, die Ausstellung zu besuchen.

„Genosse = der, der in der Not hilft“
MdL Joachim Werner bezeichnete es als „große Freude und eine Ehre“ diese „bedeutsame Ausstellung“ eröffnen zu dürfen. Er legte Wert darauf die Mitglieder der SPD als „Genossen“ zu begrüßen, denn für ihn sei die Bedeutung des Wortes „Genosse = der, der in der Not hilft“ Auftrag und Verantwortung der Sozialdemokratie. Er sprach dem AK Labertal großes Lob und Anerkennung aus, für eine Aktion, die ihres Gleichen suche und die er „in der alten Tante SPD“ so noch nie erlebt habe. Joachim Werner stellte seine Ausführungen unter das Motto „Die Würde des Menschen“ und lobte Dietrich Bonhoeffer als einen Menschen, der bis in den Tod seine Würde bewahrte und den Nazis den letzten Triumph nicht gönnte - ja im Gegenteil, ihnen die Schäbigkeit ihres Handels vor Augen führte. „Damit hat Dietrich Bonhoeffer auch dem deutschen Volke seine Würde, die ihm die Nazis genommen hatten, wieder gegeben!“

Werner kritisierte, dass die evangelische Kirche das politische Wirken Bonhoeffers, das weit über die Theologie hinaus reichte, lange sehr kontrovers bewertete. Er bezeichnete es aber als unglaubliche Schande, dass erst 1996 das Todesurteil gegen Dietrich Bonhoeffer aufgehoben und er rehabilitiert wurde. „Bonhoeffer erlitt nach seinem Tod noch 50 Jahre schreckliches Unrecht, denn es war sein Recht und seine Pflicht den Widerstand bis hin zum Tyrannenmord zu unterstützen“, so der Ingolstädter Abgeordnete. Werner bezeichnete den Widerstand aller Aufbegehrenden als gerechtfertigt, nicht aber weil die evangelische Kirche bedroht, die Gewerkschaften aufgelöst, der Krieg verloren oder die Kunst als entartet betrachtet wurde, sondern es sei das Recht und die Pflicht eines jeden gewesen, Widerstand zu leisten, „weil Hitler und die Nazis unser Volk ins Verderben geführt hatten.“

Joachim Werner warf die Frage auf, was einen evangelischen Theologen, der die Grundsätze „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ und „linke Backe – rechte Backe“ verinnerlicht habe, dazu brachte, trotz aller Zweifel, sich mit einem Mord abzufinden. Als überragender Schüler, Student und Wissenschaftler, sowie als nicht unumstrittener Theologe, habe Dietrich Bonhoeffer aus der Sicherheit der Auslandsaufenthalte heraus für sich beschlossen, den Aufbau der bekennenden Kirche gegen die gleichgeschaltete Kirche zu unterstützen und für die Würde aller Menschen zu kämpfen.

Für Joachim Werner habe das Leben Dietrich Bonhoeffers eine Vorbildfunktion für das eigene politische Handeln. Das Vermächtnis Bonhoeffers mache dessen Tod, den Tod der anderen Widerstandskämpfer, der Millionen Frauen, Männer und Kinder nicht vergebens, „wenn wir nicht vergessen, wenn wir es als Aufgabe annehmen, dass so etwas nie wieder passieren kann.“ Joachim Werner erklärte, dass Deutschland aus dem Schrecken gelernt habe. Alle demokratischen Kräfte seien sich einig gewesen, dass große Not, Armut und Arbeitslosigkeit, wie sie in der Weimarer Republik den Sprengsatz für den Untergang bildeten, nie wieder herrschen dürften. „Die Soziale Marktwirtschaft machte das Land stark, Deutschland konnte sich so schnell erholen, weil alle Wert darauf legten, dass alle, auch die Arbeitnehmer in der positiven Entwicklung mitgenommen wurden“, so Joachim Werner. Es herrschte sozialer Frieden und den Menschen war ein Leben in Würde möglich. „Dazu“, so Werner weiter, „gehörte auch die materielle Sicherheit, in der die Menschen leben konnten.“

„So etwas darf nie wieder passieren“
Für den Vorsitzenden des Petitionsausschusses im Bayerischen Landtag sei es aber ein Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn 1,3 Mio Kinder von Hatz IV leben müssten. „Diese Kinder können nichts dafür. Ich schäme mich auch für die SPD, die die Auswüchse der Reformen nicht erkannt und bisher nicht abgestellt hat. In den 50ern und 60ern Jahren des letzten Jahrhunderts hätten die demokratischen Parteien das nicht geduldet. Doch seit rund 10 Jahren ist das wieder möglich, und damit ist es auch wieder möglich, dass Menschenfänger eine Gefahr für die Demokratie werden können“. Werner zeigte sich aber auch überzeugt, dass es zu keinem „neuen Ermächtigungsgesetz“ kommen könne, weil heute nicht nur die SPD, sondern auch die anderen demokratischen Parteien dagegen stimmen würden. Joachim Werner warnte aber auch vor den rechten Parteien und Gruppierungen, die sich immer mehr etablieren könnten. „Ich habe als Mitglied der Bundesversammlung erlebt, wie die paar wenigen NDP-Abgeordneten agierten. Es ist eine Schande für unser Land, dass so etwas 65 Jahre nach Kriegsende möglich ist. Die Rechten haben in unserem Land nichts zu suchen, sie dürfen keine Gelegenheit haben, eine solche Katastrophe wieder anzuzetteln“.

Joachim Werner ging aber auch mit der aktuellen Politik hart ins Gericht. „Ich fordere von den Politikern nicht den Mut Dietrich Bonhoeffers ein, aber ich fordere Zivilcourage.“ Werner bedauerte, dass es im Landtag deutliche Mehrheiten für gute Gesetze gebe, diese aber wegen abwegiger Koalitionsverträge nicht durchsetzbar seien. „Es gibt eine deutliche Mehrheit im Parlament für eine längere Schulzeit, doch die CSU verbietet der FDP sich dafür zu entscheiden, andererseits verbietet die FDP der CSU sich für ein Alkoholverkaufsverbot zum Schutz der Jugend stark zu machen. Eine solche Selbstblockade der demokratischen Kräfte hat auch mit fehlender Zivilcourage zu tun“, bedauert der engagierte Parlamentarier. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, dass Politiker ihre Meinung nur deshalb ändern, weil die aktuellen Umfragen im Keller steckten. Die immer weiter sinkende Wahlbeteiligung sei ein alarmierendes Zeichen. „Wir Politiker haben die Aufgabe als gesellschaftliche Kraft zu wirken, Vertrauen aufzubauen und dieses Vertauen auch zu rechtfertigen – und nicht nur nach der Macht zu schielen! Es ist unsere Pflicht Schaden von unserem Volke abzuwenden und dafür zu sorgen, dass die Menschen in Würde leben können.“

 

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