"SPD im DIALOG" mit Róża Thun

Veröffentlicht am 18.08.2022 in Ortsverein

Zeigten sich von den Ausführungen der erfahrenen Europapolitikerin Róża Thun (2.v.li.) tief beeindruckt und bedankten sich mit einem Glas Geiselhöringer Lindenblütenhonig: SPD-Ortsvorsitzende Barbara Kasberger (2.v.re.), Stadtrat Ludwig Kerscher (re.) und Maximilian Fuß (li.)

 

„Wir leben in einer gänzlich anderen Realität als noch vor 4 Jahren“

Polen auf einem grünen Weg - SPD im DIALOG mit der polnischen Europa-Abgeordneten Róża Thun

Die Geiselhöringer SPD konnte in ihrem Veranstaltungsformat „SPD im DIALOG“ am Mittwoch in der Taverne Korfu die polnische Publizistin und EU-Abgeordnete Róża Thun begrüßen. Thun ist seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments und eine versierte Gesprächspartnerin wie die Geiselhöringer SPD bereits 2018 feststellen konnte, als sie erstmals zu Gast bei „SPD im DIALOG“ war. Seitdem hat sich die Welt verändert und auch Róża Thun hat neue Wege beschritten. Im Mai 2021 trat sie aus der konservativen Bürgerplattform (PO) aus und im November 2021 in die 2020 gegründete Partei Polska 2050 ein. Ebenfalls im November 2021 verließ sie die konservative EVP-Fraktion und trat der sozialliberal-demokratischen Fraktion Renew Europe - „Europa erneuern“ bei.
 

"Wir leben in einer gänzlich anderen Realität als noch vor 4 Jahren“, stellte Thun eingangs ihrer Ausführungen dar. Der Ukraine-Krieg, den man in Polen wesentlich intensiver mitbekäme als hier in Deutschland, war das zentrale Thema der ersten Themenrunde mit den anwesenden polnisch-deutschen Zuhörerschaft. „Ein Krieg in Europa, der unser Krieg ist“, wie die polnische Europa-Politikerin sagte, würde die geopolitische Lage verändern und bei ausbleibenden Weizenlieferungen eine weitere Flüchtlingswelle in Afrika auslösen. Einzig und allein ein engerer Zusammenhalt der europäischen Staaten und eine durchgreifende Reform der entscheidungsunfähigen EU könnten das Blatt zum Besseren wenden, so Róża Thun. Eine gemeinsame Verteidigungs- und seriöse Außenpolitik würde das Gewicht Europas in der Nato gegenüber den USA manifestieren und könnte so eine eigenständige Position festigen. Thun zeigte sich aber begeistert über die europäische Solidarität und die Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den Aggressor Putin. Sie zeigte sich aber auch von der gut vorbereiteten und gut organisierten Ukraine überzeugt, die, anders als 2014, nun sowohl dem Angriff Russlands als auch den Forderungen der EU zum Beitrittsprozess tatkräftig entgegnen kann.

Róża Thun ist immer für eine Überraschung gut

Dass die resolute Politikerin in ihrem Heimatland für so manche Überraschung gut ist, hatte sie schon vor vier Jahren dargestellt, als sie vor den umstrittenen Reformen der PiS-Regierung warnte und sie als Gefahr für Polens Demokratie darstellte. Róża Thun war zum Feindbild des regierungsnahen Lagers im Europaparlament geworden. Nun hat sie mit ihrem Wechsel aus der konservativen Bürgerplattform (PO) und der konservativen EVP-Fraktion ins sozialliberal-demokratisch-grüne Lager viele überrascht. Die Erkenntnis, dass „grüne Energie“ nicht nur gegen den Klimawandel wirke, sondern auch ein politisches Schwert sein könne. Dass neue Technologien und eine Reform der EU sowie die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit von immenser Bedeutung sind, habe sie zu diesem Schritt bewogen, so Róża Thun in ihren Ausführungen. Ihre neue Partei, Polska 2050 wolle "Polen auf einen grünen Weg" bringen, ihre Hauptziele sind die Verringerung der Treibhausgasemissionen um 45 % bis 2030, die Abkehr von der Kohle bis 2040 und das Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2050. Die Christdemokraten in Polen und in der EU seine hier zu zögerlich, zu kompromissbereit und zu langsam in ihren Zielen.

Es gibt keine Alternative zur europäischen Idee

Róża Thun verglich die politische Situation in Polen mit der in Russland. „Die Medien sind bis hinunter zur Regionalpresse in staatlicher Hand und so könne die Propagandamaschine der PiS die Menschen manipulieren. In Russland funktioniere dieses System der Gehirnwäsche bereits seit vielen Jahrzehnten“. Die Opposition würde mundtot gemacht und durch drakonische Maßnahmen eingeschüchtert. Welche Folgen das haben könne, so Thun, sehe man in Ungarn, wo ein despotischer Victor Orban bei den letzten Wahlen entgegen allen Hoffnungen einen deutlichen Wahlsieg einfahren konnte. Bei den, nächstes Jahr anstehenden Wahlen in Polen drohe Vergleichbares. Thun setzt die Hoffnung auf die Einsicht der Bevölkerung, vor allem die jungen Menschen die z.B. durch die aktuelle Oder-Katastrophe oder die deutliche Inflation erkennen, dass die PiS-Regierung absolut inkompetent sei. Außerdem würden die diskriminierenden Aktionen, wie etwa LGBTQ+-freie Zonen, Abtreibungsverbote, das Flüchtlingsdrama an der grenze zu Belarus oder die Gleichsetzung von Feminismus und Faschismus, das ehemalige Musterbeispiel für Demokratie und Freiheit zu Zeiten der Solidarność, den Protest immer größerer Bevölkerungsgruppen provozieren.

Kritik an Deutschland zielt allein auf die EU

Schließlich kam noch das Verhältnis zu Deutschland zur Sprache und Róża Thun erklärte, dass die PiS-Regierung die eigentlich pro-europäischen Polen über den Umweg der antideutschen Propaganda gegen die EU in Stellung bringen will. Hier sehe sie aber keinen Erfolg, da die Bevölkerung die endlich errungene Normalität in Bezug auf Deutschland nicht aufgeben wolle. Zu eng seien die Verflechtungen über den Arbeitsmarkt und die gegenseitige Annäherung.

Der interessante Abend schloss mit einem Rückblick auf viele Jahre Europapolitik, in dem Róża Thun die Frage beantwortete, was ihr an der Arbeit im Europaparlament am meisten Spaß gemacht habe. An mehreren Beispielen erklärte die Politikerin, dass sie nun nach vielen Jahren harter Arbeit die Ergebnisse erleben kann. Angefangen vom Rooming über Tabakwerbeverbote bis hin zur einheitlichen Notrufnummer 112 würden Projekte aus dem Beginn ihrer europapolitischen Arbeit nach und nach umgesetzt werden.

 

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