SPD im DIALOG mit Rosa Thun

Veröffentlicht am 05.08.2018 in Europa

Stellvertretende Ortsvorsitzende Barbara Kasberger (2.v.re.) bedankte sich bei Róża Thun (re.) mit einem Glas Geiselhöringer Honig – mit dabei die Polinnen Helena Auch-Schwelk (3.v.re.) und Isabella Nawrat (3.v.li.) sowie Ralf Neiser (re.) und Rainer Pasta (2.v.re) von der Geiselhöringer SPD

„Das ist eine Pest, die sich in Europa verbreitet“

Geiselhöringer SPD diskutiert Gefahren des Nationalismus mit der polnischen EU Abgeordneten Róża Thun

 

Bei der siebten „SPD im DIALOG“-Veranstaltung der Geiselhöringer SPD am Donnerstag in der Taverne Korfu stellte sich die polnische Publizistin und Europa-Abgeordnete Róża Thun der Frage „Wie viel Nationalismus verträgt das Land?“ Der zunehmende Nationalismus in Europa – auch bei uns in Deutschland – müsse uns allen Sorge bereiten, so Barbara Kasberger, stellvertretende SPD-Ortsvorsitzende bei der Begrüßung zahlreicher Gäste.


 

Róża Thun, zeigte sich erfreut, dass die SPD in Geiselhöring, gerade beim diesem wichtigen Thema, „den Blick über den Tellerrand wage“ und mit ihr in der Dialog treten wollte, was sie natürlich sehr gerne tat. „Normalerweise werde ich, als Mitglied der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), ja eher von Unionsmitgliedern eingeladen. Aber ich bin gespannt und freue mich auf dieses Gespräch“, so Thun. Dass Sie allen Grund zur Freude hatte, zeigte die angeregte Diskussion, die trotz drückender Hitze, weit in die Nacht dauerte und im kühlen Biergarten ihren Abschluss fand. Wie bei den „SPD im DIALOG“-Veranstaltungen üblich, hatten zuerst die Besucher die Möglichkeit ihre Fragen zu stellen und sie nutzten diese Chance ausgiebig.

 

Róża Thun präsentierte sich den Zuhörern als überzeugte und streitbare Europäerin. „Nach dem unglaublichen Wahlergebnis erhielt die nationalkonservative Regierung der Partei 'Recht und Gerechtigkeit' (PiS) 2015 eine 2/3-Mehrheit und konnte damit das Land grundlegend verändern. Nach der Übernahme der öffentlichen Medien und der Einschränkung der Versammlungsfreiheit wurde als nächstes die Unabhängigkeit der Justiz aufgehoben“, beschrieb Róża Thun die Veränderungen in Polen. Höhepunkt sei bisher der Angriff auf die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts, dass allein den Schutz der Verfassung gewährleisten könnte, gewesen. Aber auch die Bildung paramilitärischer Einheiten, die der Partei unterstehen – ähnlich wie die SA-Einheiten der Nazis – seien äußerst bedenklich. „Die meisten Gesetze werden in Nachtsitzungen beschlossen, so dass, wenn die Menschen am Morgen aufwachen, das Land sich weiter verändert hat“, zog die Eu-Abgeordnete die Parallele zur Brexit-Entscheidung in Großbritannien.

 

„Polen nicht ganz zugrunde gehen lassen“

 

Und es folgt ein flammender Aufruf zum Widerstand gegen die Demontage demokratischer Strukturen in ihrer Heimat: "Ich habe schon gegen das kommunistische Regime gekämpft, und damals waren wir in der Illegalität. Heute ist es besser. Wir haben Parteien und eine noch weitgehend freie Presse. Wir müssen diese Instrumente nutzen und überlegen, was wir tun können. Die Polen haben seit 1989 die Erfahrung gemacht, in Freiheit zu leben – die PiS zerstört nun diese Freiheit Schritt für Schritt. Doch wir dürfen Polen nicht ganz zugrunde gehen lassen“, so der Aufruf Róża Thuns, für den sie in ihrem Heimaltland und im EU-Parlament von den Vertretern der PiS scharf attackiert wird. Ein besonderes Problem in Polen sei auch die Verbrüderung der Regierung mit der erzkonservativen katholischen Kirche, „die so ganz anders ticke, als der amtierende Papst Franziskus“.

 

Roza von Thun macht sich erkennbar Sorgen auch um die antieuropäischen Tendenzen in der Regierungspartei PiS. Bis vor kurzem war "Polen ein konstruktives Mitglied der EU", sagt sie, und die Mehrheit der Polen sei immer noch für Europa. Man wolle Europa zusammen aufbauen. Die PiS sei zwar demokratisch gewählt, aber sie habe nie in ihrem Wahlkampf angekündigt, sich gegen die EU zu wenden.

 

Der Nationalismus sei geprägt von der Angst vor allem Neuem, vor allem Fremden. Nationalisten setzten auf den „starken Mann“ und auf einfache Feindbilder. „Die Herausforderung und die Chancen der Zukunft in Vielfalt verlangen aber Eigeninitiative eines jeden Einzelnen. Der Nationalismus bietet eine einfache Antwort auf die Probleme der Menschen: wir hier – die dort. Man will die Grenzen schließen, sich abschotten“, so Thun weiter. Für die Europawahlen 2019 befürchte sie Schlimmes: „Die Anti-Europäer organisieren sich, um bei guten Wahlergebnissen Europa von innen heraus zu zerstören. Trump und Putin unterstützen diese anti-europäischen Gruppen, jeder auf seine Weise, aber mit dem gleichen Ziel: die EU zu zerstören.“

 

Hoffnung auf Wandel

 

„Es gibt aber auch noch viele mutige Menschen in Polen, die jeden Tag gegen diese Regierung auf die Straße gehen, darunter nicht wenige Richter und Staatsanwälte. Es gibt auch noch freie Medien, die aber große finanzielle Probleme haben“, lässt Thun ihre Hoffnung auf einen Wandel erkennen. „Zumindest in Europa arbeiten Konservative und Sozialdemokraten eng zusammen“, so Thun weiter. Die großen Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen – Migration, Demographischer Wandel, Soziale Gerechtigkeit, Klimawandel, Weiterentwicklung der EU, nicht zu vergessen die kriegerischen Konflikte in der europäischen Nachbarschaft und weltweit - können wir nur gemeinsam lösen. Für uns muss es heißen: Vorwärts gehen, Lösungen suchen, den Frieden bewahren“, so Thuns Appell an alle demokratischen Kräfte, sich gegen die Nationalisten zu stellen.

 

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