Wanderausstellung "Schuld & Sühne?" - Station Mallersdorf-Pfaffenberg

Veröffentlicht am 20.11.2016 in Veranstaltungen

Landtagsabgeordnete Ruth Müller (re.) mit Dr. Christoph Bachmann (3.v.li.), Karin Hagendorn (2.v.re.), Franz Graf (2.v.li.) und Franz Bayer (li.)

 

„Millionen Opfer, etwa 100 000 Ermittlungsverfahren und wenige hundert Verurteilte“

Wanderausstellung „Schuld und Sühne?“ gastierte in Mallerdorf-Pfaffenberg - Leiter des Staatsarchivs München führte durch die Ausstellung

Die Wanderausstellung des Staatsarchivs München, präsentiert vom SPD-Arbeitskreis Labertal gastiert derzeit im Labertal. Am Freitag war die Ausstellung während des Verfassungsempfangs der SPD-Landtagsfraktion im Haus der Generationen zu sehen. Eröffnet wurde die Ausstellung um 17 Uhr, beachtet von einer Reihe interessierter Bürgerinnen und Bürger und unterlegt mit einem Ausstellungsrundgang mit dem Leiter des Staatsarchivs München, Dr. Christoph Bachmann. Landtagsabgeordnete Ruth Müller und 2. Bürgermeister Hans Kirchinger sprachen ein Grußwort.

SPD-Orts und -Kreisvorsitzender Martin Kreutz begrüßte auch im Namen des Arbeitskreises Labertal die zahlreichen Gäste. Landtagsabgeordnete Ruth Müller erinnerte in Ihrem Grußwort, dass die Ausstellung am 6. Mai 2014 zum ersten Mal im Staatsarchiv München gezeigt und für die Ausstellungsreihe im Labertal um ausgesuchte niederbayerische Fälle ergänzt wurde. Müller lobte den Anspruch des Arbeitskreises Labertal, „Kultur und Bildung auf das Land zu holen““. „Die NS- Gewaltverbrechen und ihre Aufarbeitung sind ein wichtiges Kapitel in unserer deutschen Geschichte und wir werden daran erinnern, damit das nie wieder passiert“, so Müller weiter, die an ein Zitat Willy Brandts erinnerte und forderte: „Wir sollten uns zu unserer Demokratie bekennen, sie verteidigen und mehr Demokratie wagen.“

2. Bürgermeister und Kreisheimatpfleger Hans Kirchinger, selbst Historiker und in der Heimatforschung tätig lobt ein seinem Grußwort die heimatkundliche Arbeit des SPD-Arbeitskreises und freute sich auch dieses Jahr wieder ein spannendes Thema präsentiert zu bekommen. Kirchinger bedauerte, dass trotz gute Aktenlage, die NS-Geschichte in Mallersdorf-Pfaffenberg, wie in allen anderen Gemeinden und im Landkreis bis heute nicht aufgearbeitet wurde und in den Chroniken weiße Seiten für die Zeit von 1933 bis 1945 vorherrschten. Kirchinger tat seine Hoffnung kund, dass sich früher oder später ein wissenschaftliche Arbeit mit der NS-Vergangenheit in der Region befassen möge. Bis dahin sei man vor allem auf die Arbeit des AK Labertal angewiesen, um Neues zu erfahren oder Zusammenhänge aufgezeigt zu bekommen.

1933 bis 1945: weiße Seiten in den Chroniken des Landkreises und der Gemeinden

Auch Dr. Christoph Bachmann, Leiter des Staatsarchivs Münchens, blickte in seiner Erklärung zu den Ausstellungstafeln in die Vergangenheit zurück. „Unmittelbar nach Kriegsende begannen die Alliierten mit der Verfolgung der NS- Kriegsverbrecher und hatten innerhalb von zwei Jahren bis 1947 bereits 20.000 Personen als Verdächtige erfasst“, blickte. Im November 1945 begannen die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg. Es wurden Todesstrafen und lebenslängliche Haftstrafen ausgesprochen, 50.000 NS-Täter wurden abgeurteilt aber nach dem Gnadenerlass von US- Hochkommissar John Mc Clay am 31. Januar 1951 wurden fast alle Angehörigen von NS- Führungsgruppen aus Landsberg/L. entlassen“, überraschte Bachmann seine Zuhörer. Das Straffreiheitsgesetz (Amnestiegesetz) vom 17. Juli 1954 entlastete viele und stellte sie als Handlanger und Befehlsempfänger des NS- Regimes hin, die nur ihre Pflicht erfüllt hatten und sich somit selbst in einem gewissen Maße als Opfer sahen. „Man wollte einen Schlussstrich unter diese schreckliche Vergangenheit setzen und hoffte damit auf einen Neuanfang. Aus Politik und Justiz hatte man kein großes Interesse an weiterer Strafverfolgung, zumal viele Akteure NS-belastet waren“, stellte Bachmann deutlich heraus.

Politik und Justiz hatte kein großes Interesse an der Strafverfolgung

Erst 1958 also 13 Jahre nach Kriegsende sei die „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltung zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ eingerichtet worden. Darüber hinaus konnten jetzt Ermittlungsbehörden und Gerichte in Eigenregie Straftaten mit nationalsozialistischem Hintergrund verhandeln und strafen, was in den Archivakten umfassend dokumentiert ist.  „Sie versucht auch heute noch hochbetagte lebende SS- Veteranen vor Gericht zu stellen. Der bekannteste Fall in den letzten Jahren war der gegen John Demjanuk“, so Bachmann.

Die Ausstellung soll laut Bachmann nicht zuletzt den Aufwand belegen, der nötig war, um einen Kriegsverbrecher anzuklagen. Dabei stellte Bachmann fest, dass viel Arbeit hineingesteckt, aber wenig Ertrag geerntet wurde. Nicht umsonst stehe hinter dem Ausstellungstitel "Schuld und Sühne?" ein Fragezeichen. Es gab Millionen Opfer, etwa 100 000 Ermittlungsverfahren und wenige hundert Verurteilte. Etwa 95 Prozent aller NS-Verfahren, die durch oberbayerische Justizbehörden geführt worden sind, seien eingestellt worden, sagt Bachmann.

„Die Bedeutung der Verfahren wegen nationalsozialistischer Verbrechen ist mit Blick auf Sühne und Vergeltung negativ zu bewerten“, so Bachmann. Das Gewicht liege somit mehr auf einer pädagogischen Stufe. "Die Auseinandersetzung mit staatlich angeordneten Gewaltverbrechen nützte der Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur, die ihrer diktatorischen Ausgangspunkte eingedenk bleibt", fasste Bachmann zusammen und verwies auf den dadurch angesammelten Archivbestand, der die Umstände vieler Verbrechen dokumentierte, die ansonsten der Vergessenheit überlassen worden wären.

Ausgewählte Bespiele auf aussagekräftigen Schautafeln

Die extra für die Ausstellung im Labertal aus Niederbayern aufgenommenen Fälle betreffen Cäcilie Wühr, Josef Fritz, Ottilie Meindl und Nikolaj Sanian aus Drachselsried/Viechtach sowie Agnes Schober aus Regen und die KZ-Nebenlager Passau I (Oberilzmühle) und Passau II. Um die regionale Komponente in die Ausstellung einzubringen hat der AK Labertal die zwölf Ausstellungstafeln des Bayerischen Staatsarchivs um zwei weitere Tafeln ergänzt: Die Standgerichtsprozesse zur Ermordung von Domprediger Johann Maier, Regensburg;  Regierungsrat Dr. Franz Seiff, Landshut ,sowie Friedrich Beutlhauser und Alois Huber, Ittling, aber auch die fehlende gerichtliche Aufarbeitung zu den Vorkommnissen im Polenkinderlager Laberweinting und die Entnazifizierung werden thematisiert.

Die Ausstellung ist derzeit und noch bis 11. Dezember in der Kreuzkirche in Geiselhöring zu sehen und wandert dann weiter nach Regensburg.

 

 

 

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