Gillamoos 2017

Veröffentlicht am 07.09.2017 in Veranstaltungen

flikr - BayernSPD

Wie jedes Jahr präsentieren wir allen, die nicht persönlich beim Politischen Gillamoos dabei sein konnten, die Zusammenstellung aus den unterschiedlichsten Presseberichten zum Nachlesen:

Vom TV-Duell ins Bierzelt

Schulz setzt auf Attacke: "Wenn ich Kanzler werde …"

Es kann nicht viel Schlaf gewesen sein für Martin Schulz in der vergangenen Nacht. Gestern Abend stand er noch mit Angela Merkel in Berlin im Fernsehstudio, zum TV-Duell, das für viele mehr ein Duett war. Und nun läuft er in Niederbayern im Bierzelt auf, zum politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos. Bei seinem Auftritt auf dem Gillamoos-Jahrmarkt bringt der SPD-Kanzlerkandidat die Themen unter, für die im Fernsehduell kein Platz war. Der Gillamoos-Montag, eine echte Prüfung: „Wer das Bierzelt beherrscht, hat das politische Abitur“, sagt die örtliche SPD-Landtagsabgeordnete Johanna Werner-Muggendorfer.

Etwas verspätet traf SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im Gillamoos-Zelt ein, ein paar Ortsvorsitzende standen noch im Stau. Der Empfang war dafür aber umso frenetischer: Auf Bierbänken stehend nahm Schulz den begeisterten Jubel der Menge - von mindestens 2000 Gästen ist die Rede - entgegen, reckte immer wieder beide Daumen nach oben. Es sei eine große Freude für Schulz, an diesem Morgen am Gillamoos zu sein, sagte er, er winkt in die Menge, jetzt wird wild gejubelt. Das Zelt ist voll. Es bilden sich sogar Menschentrauben vor den verschlossenen Türen, weil die Polizei wegen Überfüllung schließen ließ.

Es sollte noch etwas dauern, bis Schulz auf die Bühne darf, davor sprechen Bezirksvorsitzender Christian Flisek: In Deutschland gebe es eine Willkommenskultur. „Die gilt auch für Herrn Guttenberg. Wir schaffen das.“ Dann Johanna Uekermann, Bundesvorsitzende der Jusos, und Florian Pronold, bayerischer Spitzenkandidat, moderiert von Uli Grötsch, MdB, Generalsekretär BayernSPD. Uekermann sagt, dass Merkel an den jungen Leuten vorbeiregiere.

Dass er unter dem Eindruck und dem Druck des TV-Duells auf der Bühne steht, ist Schulz klar. Gleich am Anfang greift er die Aussage auf, die er gestern Abend als Schlusswort sagte: "Was gestern klar geworden ist: Es gibt jemanden, der will die Vergangenheit verwalten, der heißt Angela Merkel. Und es gibt jemanden, der will die Zukunft gestalten, und der heißt Martin Schulz." Auffällig bei Schulz ist, dass er sich wenig an anderen Politikern reibt. Er legt der Fokus auf seine Ideen. Nur Guttenberg bekommt sein Fett weg: „Der Herr Baron, der da im anderen Zelt spricht – die Blaskapelle, die ihn begleitet, heißt übrigens „Schwarzes Blech“ –, der Herr von und zu Guttenberg hat die Bundeswehr kaputtgespart. Es hat mit von Guttenberg begonnen und endete mit von der Leyen! Von ,von und zu’ zu ,von der’...“

Nach zehn Minuten, während er sich über Kita-Gebühren aufregt, die der bayerische „Landadel“ vielleicht nicht als Problem begreife, legt er sein blaues Jackett beiseite, krempelt er die Ärmel hoch. Schulz zeigt Emotionen, streut Persönliches ein, prangert an, was ihm „auf den Keks geht“, was er sich „alles anhören“ müsse in den Medien. Ganz klar: Hier steht einer von euch. Kein Abitur, keine akademische Bildung. Schulz zeigt, dass er - ganz anders als im TV-Studio neben Merkel - durchaus witzig sein kann. Man kritisiere ihn für seine billigen Anzüge, sein altes Brillenmodell, seine Glatze. "Stimmt, die ist da, kann man sehen, steh ich auch zu", sagt Schulz. Und aus der Frisurenfrage wird ein weiterer Seitenhieb auf Guttenberg: "Ich habe kein gegeltes schwarzes Haar, das geht nicht mehr bei mir". – Eine weiterer Seitenhieb auf den Baron im CSU-Zelt!?

Bei Martin Schulz ist die Stimmung nun auf dem Höhepunkt: "Kann einer mit Bart und Glatze und Kassengestell Kanzler werden? Ja, er kann." Dafür gibt‘s Riesenapplaus.

Schulz ist nun in Fahrt. Er spricht von Anfang an laut und bestimmt. Deutschland sei reich, aber ungerecht. Außerdem liege es beim Breitsbandausbau hinter Mexiko und Chile. "Ich bin ein Freund von beiden. Aber Deutschland muss vor denen liegen."

Vor allem in Zeiten des Umbruchs brauche man den Mut zum Aufbruch, mahnte Schulz. Deutschland sei ein reiches Land, aber es seien "nicht alle Menschen in diesem Land reich", betonte Schulz und beklagte massive Einkommensunterschiede in der Republik. "Das spaltet das Land." Zudem kündigte er an, er werde als Kanzler in den ersten 100 Tagen dafür sorgen, dass alles unternommen werde, die ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen zu beenden.

Mit der Feststellung, eine Krankenschwester verdiene in einer Minute weniger als 40 Cent, leitet er über auf eines der Themen über, die beim TV-Duell zu kurz oder gar nicht erst vorkamen: die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen. Er wendet sich an die Väter im Zelt: Wenn die Töchter weniger bekämen als die Söhne, wo bestehe da die Gerechtigkeit?

Schulz ist bei seinem zentralen Wahlkampfthema angekommen, der Gerechtigkeit. Er gestaltet die Rede so, wie ein zweites TV-Duell hätte aussehen können, es geht um Bildung, Arbeitsmarkt, fehlende Wohnungen, Kita-Gebühren. "Ich weigere mich, mich darauf auszuruhen, dass die Bundesrepublik Deutschland ein blühendes Land ist", sagt er. Nur weil Deutschland ein reiches Land sei, seien noch lange "nicht alle Menschen in diesem Land reich".

Normal arbeitende Menschen, sagt Schulz, bräuchten einen Staat, der mit für die Kinder sorgt. Reiche Leute dagegen könnten sich einen armen Staat leisten. In dieser Rede geht es um Langzeitarbeitslose und Altenpfleger, um Studenten auf Wohnungssuche, um ein vereintes Europa, weniger um Flüchtlingspolitik, nicht um Diesel, nicht um die Maut. Die Zuhörer glauben ihm, dass er Kanzler werden will, und dass er durchaus auch Gründe dafür hat.

Schulz hat aus dem TV-Duell mitgenommen, dass zu wenige Unterschiede zwischen Merkel und ihm deutlich wurden - und hebt sie darum nochmal deutlich hervor. Die Rente "Ein Land des Reichtums wie die BRD muss die Würde des Alters zu einer Staatsaufgabe machen. Ich bin nicht dazu bereit, dass wir in unserem Land Altersarmut haben. Und nicht, dass vor allem Frauen darunter leiden." Die Rüstungspolitik: "Wir werden mehr Geld in die Bundeswehr stecken, aber ich bin nicht bereit, mich der Aufrüstungslogik von Donald Trump zu unterwerfen. Ausrüstung ist nicht Aufrüstung." Er erinnert daran, wie es im Krieg war, findet klare Wort gegen rechts und sagt den Satz, für den er am meisten Applaus bekommt: "Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, sie ist eine Schande für unsere Nation!"

Ein Wort zur beruflichen Bildung: "Eine gute berufliche Ausbildung muss genauso viel Wert sein wie eine akademische Ausbildung."

Er attackierte erneut den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und bekräftigte seine Forderung nach einem Stopp der EU-Beitrittsgespräche. Die Willkür, mit der der türkische Ministerpräsident Erdogan gegen Gegner vorgeht, nennt er „eine Art Säuberung“. Die Bundesrepublik könne nicht mehr lange zuschauen. „Genug ist genug.“ Nach Erdogan äußert sich Schulz nun auch zum US-Präsidenten Donald Trump: "Die Weltmeisterschaft des Ungefähren bringt uns keinen Schritt weiter (eine Hieb gegen Merkel). Ich respektiere nicht, dass Donald Trump uns mit einem Tweet an den Rand einer Krise bringt. Wer nicht in der Lage ist, sich vom Nazi-Mob zu distanzieren, dem muss man sagen: Deine Politik wird nie die Politik der Bundesrepublik Deutschland sein. Ich finde, das ist auch nicht schwer und das ist auch kein mangelnder Respekt."

Nach einer knappen Stunde endet er mit einem Appell: "Macht Deutschland gerechter. Lasst es uns für die Zukunft fit machen. In einem gerechten Deutschland, in einem vereinten Europa." Martin Schulz wurde frenetisch gefeiert.

Zum Abschied bekommt er keine Schokolade, keine Flasche Sekt, sondern ein paar neue SPD-Mitglieder geschenkt. Am Schluss spielt wieder die Blaskapelle, die sie hier schon frohgemut zur Bundeskanzlerblaskapelle ausgerufen hat.

 

 

Natürlich braucht es auch einen Blick auf die Mitbewerber:

Die CSU

Guttenberg triumphal zurück, vermeldet die konservative Presse - der BR hat im Radio sinngemäß berichtet, dass nicht wenige Leute nach 10 Minuten das CSU-Zelt verlassen haben...aus Langeweile! Guttenberg tritt stellvertretend für die Spitzenkandidatin der Union, Angela Merkel, und für den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer auf. Die Kanzlerin hatte vorab betont, sie freue sich über die Unterstützung im Wahlkampf durch Guttenberg. Inhaltliches ist aber nicht viel von ihm gekommen.

Karl-Theodor zu Guttenberg sagt, es sei schön zuhause zu sein. Der Ex-Politiker lebt seit einigen Jahren in den USA. Er wolle deshalb auch nicht über Innenpolitik sprechen. „Davon verstehe ich nichts mehr.“

Hier zeigt sich ein Gegensatz zu seiner Premiere an dieser Stelle 2009. Damals noch als Bundeswirtschaftsminister wurde Guttenberg auch während seiner Rede wie ein Popstar gefeiert. Doch mit seinem heutigen - für ein Bierzelt zu schwermütigen - Krisen-Tenor zwischen Nordkorea, Türkei, US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kommt er nicht gut an. Die langen Sätze Guttenbergs scheinen die Zuhörer ebenfalls zu überfordern.

Dann: Betretenes Schweigen im Zelt bei Karl-Theodeor zu Guttenberg: Er äußert sich abfällig über Rentner. Da ging wohl gründlich daneben.

Und er sagt: Er sei für eine schwarz-gelbe Koalition, denn Lindner sei ein guter Mann.

FDP

Christian Lindner sprach im kleinsten Zelt und stand auf der kleinsten Bühne, Lindner gab zu, dass die FDP zwar auch in Zukunft Fehler machen werde, aber nicht mehr dieselben Fehler wie früher.

GRÜNE

Cem Özdemir im Grünen-Zelt sprach sich deutlich gegen den Braunkohleabbau aus und forderte noch nachdrücklicher den Klimaschutz. Er wolle Deutschland zum "Weltmeister beim Klimaschutz" machen, so Özdemir.

FREIE WÄHLER

Der Kandidat der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, spricht im Weissbierstadl vor seinen Anhängern. Er hat sich im Bundeswahlkampf bisher kaum hervorgetan, das kann aber auch daran liegen, dass er hauptsächlich in Bayern auftritt. Aiwanger: "Wir müssen dieses Land retten. Die Schreihälse von rechts können uns nicht helfen.“

 

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