Aschermittwoch 2017

Veröffentlicht am 04.03.2017 in Veranstaltungen

Wie jedes Jahr präsentieren wir allen, die nicht persönlich beim Politischen Aschermittwoch dabei sein konnten, die Zusammenstellung aus den unterschiedlichsten Presseberichten zum Nachlasen:

 

„Ich trete an, um Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.“

Unter dem Jubel mehrerer tausend Anhänger hat SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz den Machtanspruch der SPD für die Zeit nach der Bundestagswahl untermauert. Die SPD stimmt sich am politischen Aschermittwoch in Vilshofen auf die Bundestagswahlen im Herbst 2017 ein.

So viele wie diesmal sind noch nie zum Politischen Aschermittwoch mitgefahren, stellen die Ortsvereine durchgehend fest. Sogar viele Nichtmitglieder haben sich angemeldet. Und noch nie hat die SPD Menschen absagen müssen, die zum Politischen Aschermittwoch wollten. Diesmal schon.

„Der längste Stammtisch der Welt“ ist das in Vilshofen, hat SPD-Chef Florian Pronold am Vorabend gesagt. Und Recht hatte er: 5000 Gäste im Festzelt erlebten mitreißende Reden des SPD-Kanzlerkandidaten, Martin Schulz sowie des Kanzlers der Republik Österreich und Vorsitzenden der SPÖ, Christian Kern. Der freute sich darauf, dass es ab September neben Österreich auch in Deutschland einen roten Regierungschef gebe. Und auch Martin Schulz ließ keinen Zweifel daran, worum es ihm geht: „Die SPD tritt an, um die stärkste politische Kraft in der Bundesrepublik zu werden.“ Vor rund vier Wochen bei seiner Vorstellung im Willy-Brandt-Haus sei er noch für seine Ambitionen belächelt worden. Angesichts der neuerdings guten Umfragewerte für die SPD unterstrich er sein Ziel aber gerne noch mal. „Ich trete an, um Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.“

Vor der Halle hatten sich zwei mehrere hundert Meter lange Schlangen gebildet. Die Menschen gehen Martin Schulz schauen. Keine Probleme gab es am Einlass. Ohne Widerwillen ließen die Besucher die Kontrollen über sich ergehen. Heuer wurden nicht nur die Taschen durchsucht, sondern auch die Besucher abgetastet. Neben den Securityleuten, die die BayernSPD engagiert hatte, waren 50 Ordner aus den umliegenden SPD-Ortsvereinen und von den Jusos im Einsatz. Außerdem vor Ort: das Landeskriminalamt, die Kripo, die Polizei Vilshofen und die Bereitschaftspolizei. Aber alles blieb ruhig: SPD eben!

5000 Gäste waren gekommen, so viele wie nie zuvor. Darunter auch viele Neulinge, die neugierig waren auf den SPD-Hoffnungsträger und die Stimmung in Vilshofen. Auch mehrere hundert österreichische Gesinnungsfreunde waren da. Entsprechend dicht gedrängt war es im 100-Meter langen Festzelt auf dem Rennbahngelände, in dem die SPD-Anhänger ihren Martin Schulz hochleben ließen.

„Zeit für Martin“- und „Jetzt ist Schulz!“-Schilder lagen auf den Tischen. Vielen GenossInnen glänzten die Augen, wenn sie von Martin Schulz sprachen. „Das ist ein Mann, der auf jeden zugeht, mit jedem redet.“ Und dass ihn die Jungen so toll finden, das imponierte. Nicht selten hatte er in der Vergangenheit bei Ortsterminen mit den Jungs bei auf dem Rasen gekickt, das vergisst keiner.

SPD-Bürgermeister Florian Gams sorgte für´s warmup

Der Vilshofener SPD-Bürgermeister Florian Gams begrüßte die GenossInnen aus Niederbayern und Österreich sowie die Ehrengäste.

Großer Bahnhof für Martin Schulz. Mit ihm zogen Christian Flisek, Vorsitzender der NiedernbayernSPD, Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag, Natscha Kohnen, Generalsekretärin der BayernSPD, Florian Pronold, amtierender BayernSPD-Vorsitzender und natürlich Christian Kern, österreichischer Bundeskanzler, in das Zelt ein.

 

Grußworte von Bezirksvorsitzendem Christian Flisek: „Europäischer Aschermittwoch“

Christian Flisek rief den 5000 Genossen im Zelt entgegen: „Das ist der größte Aschermittwoch aller Zeiten!“ Das größte Zelt habe man, das leidenschaftlichste Publikum und die „besten Redner, die es überhaupt aufzubieten gibt! Während sich Donauabwärts in Passau die Trump-Versteher treffen und diejenigen, die Victor Orban unterstützen, findet hier ein europäischer Aschermittwoch statt“. Es gehe nicht darum, dieses Land schlecht zu reden, es gehe darum, sich den Problemen zu stellen. „Wir brauchen keine Schönredner in diesem Land."

Der niederbayerische Bezirksvorsitzende lud Martin Schulz bereits zum Politischen Aschermittwoch im nächsten Jahr ein – dann als Bundeskanzler.

 

Landesvorsitzender Florian Pronold: „In ganz Europa sind diejenigen unterwegs, die den Leuten Angst machen. Sie spalten die Gesellschaft.“

Und auch der bayerische SPD-Chef Florian Pronold, der in Vilshofen den Reigen der Reden eröffnet, schlug in dieselbe Kerbe: „In ganz Europa sind diejenigen unterwegs, die den Leuten Angst machen. Sie spalten die Gesellschaft.“ Die Sozialdemokraten stünden für ein solidarisches und weltoffenes Europa. Horst Seehofer hingegen finde nicht nur Trump gut, sondern auch den Ungarn Orbán. „Schämen sollte der sich“, meinte Pronold.

„Mit diesem Politischen Aschermittwoch setzen wir ein klares Zeichen gegen Leute, die Mauern aufbauen wollen in dieser Welt!“

Ebenso ein Thema für den Staatssekretär im Bundesumweltministerium war das derzeit schwierige Verhältnis zwischen den Unionsparteien: „Die CSU traut sich nicht einmal, die eigene Bundeskanzlerin nach Passau zu holen.“ Eine Angela Merkel auf dem Podium der Dreiländerhalle – man mochte sich das im Moment tatsächlich nur schwer vorstellen.

„Wenn man ein Beispiel braucht, warum Zwangsehen schädlich sind, muss man nur auf die Union schauen.“ "Die Kanzlerin ist Martin Schulz dankbar – seitdem realisieren CDU und CSU, dass es auch etwas anderes gibt, als den Streit untereinander. Die CSU traut sich ja nicht einmal, die eigene Bundeskanzlerin nach Passau zu holen – wir hingegen haben gleich zwei Bundeskanzler hier!"

Der scheidende SPD-Landeschef Florian Pronold hatte auch eine Erklärung für die zahlenmäßige Ungenauigkeit der CSU parat: „Die Rede von Horst Seehofer ist nur besoffen zu ertragen“, erklärt er vor dem johlenden Bierzelt. „Da sieht man wohl die Zuschauer doppelt.“ 5000 Besucher meldete die Bayern-SPD für Vilshofen, CSU-Genaralsekretär faselte von „gefühlten 10.000“ in Passau. Die CSU-Obergrenze liegt aber bei rund 4000.

 

Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl: Ich weiß, was es heißt, wenn die Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung fehlt.“

Der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl richtete erstmals Grußworte an die Genossen beim politischen Aschermittwoch. "Ich weiß, was es heißt, wenn die Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung fehlt, so wie das bei uns in Salzburg aktuell der Fall ist“.

„Da werden in der Wohnbauförderung Millionäre gefördert, Spitäler finanziell ausgeblutet und der öffentliche Personennahverkehr zu Tode gespart, die Kinderbetreuung verteuert und die Arbeitslosigkeit erreicht nie dagewesene Rekordwerte. Wir wollen das nächstes Jahr bei der Landtagswahl ändern", sagte Steidl in Vilshofen.

Es sei an der Zeit, dass man der Finanzwirtschaft gute Manieren und Anstand beibringe. "Wer, wenn nicht wir, soll den Spekulanten das Handwerk legen?" Steidl sieht einen sozialdemokratischen Aufbruch in Europa, der vor knapp einem Jahr mit dem neuen Bundeskanzler Christian Kern in Österreich begonnen habe. Mit Kanzlerkandidat Martin Schulz in Deutschland sei eine neue sozialdemokratische Achse im Entstehen.

 

SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern:“ Es gilt, sozialdemokratische Antworten zu finden!“

Aschermittwochs-Stargast Christian Kern kam als Mahner – und als Entertainer. Als „Vor-Band von Martin Schulz“ kündigte sich der österreichische SPÖ-Bundeskanzler an. Es war seine erste Aschermittwochsrede, die erste eines SPÖ-Vorsitzenden überhaupt. Er habe "versucht zu studieren, wie diese Veranstaltungen ablaufen".

Schelmisch bedankte er sich für die mautfreie Einreise nach Deutschland, verwies demütig auf das – im Vergleich mit Deutschland – fußballerische Unvermögen seiner Landsleute, bot dem ehemaligen Kicker Schulz aber sogleich ein Duell auf der Skipiste an. Er freute sich, hier "im benachbarten Inland" auftreten zu können. "Nicht mehr in Österreich, aber auch noch nicht in Deutschland", wie Bruno Kreisky einst seine Vorliebe für Bayern ausdrückte.

Das Hauptthema seiner Rede im Vilshofener Festzelt war für ihn gleichwohl ein ernstes. Sein Heimatland gelte als eines der Paradebeispiele für den Vormarsch der Rechtspopulisten in Europa: Nur knapp scheiterte der Kandidat der FPÖ bei der Bundespräsidentenwahl, eine aktuelle Umfrage sieht die Partei bei 26 Prozent. „Wir sind euch Deutschen 30 Jahre voraus“, warnte er mit Blick auf die Erfolgsgeschichte der rechten Partei. In Deutschland sieht er die AfD in einer ähnlichen Rolle. „Wenn Sie mit dem Auto eine schöne bayerische Landstraße entlang fahren, hätten sie natürlich die Alternative, den Wagen in den Straßengraben zu lenken“, erläuterte er nicht ohne Schmäh. „Genau diese Alternative bietet die AfD.“ "Wer Rechtsdemagogen wählt, bekommt rechtsdemagogische Politik: Für die Reichen Sekt und Kaviar, für den Rest gibt es eine Mauer", stellte der Bundeskanzler der Republik Österreich dar.

Nicht umsonst hätten sich die Rechtsparteien Europas im Vorjahr in einem früheren Luxusschwimmbad getroffen, dem in Konkurs gegangenen "El Dorado" bei Vösendorf. Das entbehre nicht einer unfreiwilligen Komik, befand Kern. Die FPÖ habe in Kärnten Milch und Honig versprochen und das Land sei nach dem Hypo-Debakel beinahe im Konkurs gelandet. "So geht's einem, wenn man glaubt, dass Rechtspopulisten Lösungen anbieten können", sagte Kern. In Österreich sei man dem europäischen Phänomen dreißig Jahre voraus, daher könne er versichern: "Die springen im Tigerkostüm los und landen als Bettvorleger!"

Sorge bereitete ihm auch die Entwicklung in den USA. Dort spiele sich nach der Wahl von Donald Trump gerade eines der „größten Realexperimente der Geschichte“ ab. Ob Frieden oder Demokratie – nichts sei in diesen Zeiten mehr eine Selbstverständlichkeit.

Kern konnte in Vilshofen auch staatsmännisch und wahlkämpferisch, ernsthaft und emotional. Er skizzierte die neue Welt der Globalisierung und Digitalisierung, in der die Sozialdemokratie eine eigene politische Alternative anbieten müsse. Kern stellte die Frage: "Lassen wir uns von den Veränderungen überrollen und verlassen wir uns darauf, dass der Markt alles regelt, oder gestalten wir diese Veränderung?" Die Sozialdemokratie müsse sich "an die Spitze dieser Veränderung stellen".

Man dürfe sich nicht wundern, dass die Menschen zornig sind. Als Beispiele nannte Kern Spitzengehälter im Silicon Valley und auf der anderen Seite Niedrigststeuern für Konzerne wie Apple in Europa. Aber Neid zerfresse die Gesellschaft, dabei würden "immer nur die Ärmsten gegen die Allerärmsten ausgespielt". Es brauche ein sozialdemokratisch-solidarisches Gesellschaftsmodell. Die Sozialdemokratie müsste sich wieder an die Spitze des Fortschritts stellen, der Mittelstand dürfe nicht weiter die Rechnung zahlen.

"Selbstverständlichkeiten zählen nicht mehr", sagte Kern. Europa sei ins Bett gegangen und mit dem Brexit aufgewacht. Europa sei ein weiteres Mal ins Bett gegangen, und mit Trump aufgewacht. Kern warnte vor dem Beispiel USA: „Dort ist die Reality Show zum politischen Alltag geworden.“ Er habe nichts gegen Reichtum, aber in den USA würden nun die Reichen regieren. Donald Trump gehe es nicht um Altruismus, es gehe nur um Interessenlagen, "da ist der Bock zum Gärntner gemacht geworden". Kern erzählte den SPD-Anhängern von Harald Vilimsky, dem Generalsekretär der Freiheitlichen, der ein Selfie mit Trump gepostet hatte und dazu schrieb, was für ein großartiger Politiker der sei, "weiter so". "Weiter so?", fragte Kern, "das Gesundheitssystem zerstören, weitere Privilegien für Banken, den Kampf gegen Klimawandel schwächen, die Pressefreiheit aushöhlen?" Und wenn Trump sage, Amerika müsse wieder Kriege gewinnen, dann zeigt sich Kern als Bundeskanzler "besorgt. Und ehrlich gesagt, das ist das Mindeste."

Danach bekam Kern tosenden Applaus: Weil er sein Sakko ausgezogen hat. Der Justin Trudeau von Niederbayern.

Gerade der Brexit habe gezeigt, dass Europa nicht mehr weiterwursteln könne. In Europa die Zukunft zu sehen, heiße auch, Europa zu kritisieren, sagte Kern. "Eine bessere Zukunft für unsere Kinder, zu diesem Versprechen müssen wir wieder zurück. Weiterwursteln ist für uns keine Alternative." Und er flochte einen Vergleich ein, den er in Wien schon oft angebracht hat: Jede Würstelbude würde im Land mehr Steuern zahlen als der Weltkonzern Apple. "Wenn Europa sein Wohlstandsversprechen und sein Sicherheitsversprechen einlösen will, dann muss der Kurs geändert werden", dafür könne nur eine starke sozialdemokratische Politik stehen.

Und er sprach gleich das Gerechtigkeitsthema an. Soziale Ungleichheit dürfe nicht zur gesellschaftlichen Normalität werden. Die einen kämen mit ihrem Einkommen aus harter Arbeit kaum über die Runden, während die Superreichen den ganzen Tag über nicht anders zu tun hätten, als ihre Gewinne nach Panama zu verschieben. Kern: "Am Ende werden die Ärmsten gegen die Allerärmsten ausgespielt. Wir Sozialdemokraten kämpfen dabei nicht nur um Stimmen, sondern um Herzen und Köpfe“.

Kern beschwor als Gegenmodell die Solidarität zwischen den Ländern, auch in der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Und eine starke europäische Sozialdemokratie gebe es nur dann, "wenn wir eine starke deutsche Sozialdemokratie als Partner an unserer Seite haben". Schulz könne mit seinen Hunderttausenden Unterstützern "am Rad der Geschichte drehen".

Der Aufstieg der SPD sei kein Strohfeuer, habe eine deutsche Zeitung geschrieben. Und Kern griff dieses sprichwörtliche Feuer auf: "Es wird weiter, heller und höher lodern. Und wenn man sich diese Reihe vorstellt, Schmidt, Schröder, Schulz – das hört sich doch logisch an. Er habe schon die ersten Wetten darauf abgeschlossen, "dass bald Österreich und Deutschland einen roten Bundeskanzler haben".„Nach einer Phase von wenig Optimismus ist die politische Wende in Deutschland in Griffweite.“ Die Bundestagswahl sei eine „Schlüsselentscheidung“ über die deutschen Grenzen hinaus.

Zum Schluss seiner Rede holte Kern noch einmal ordentlich aus. Es liege gerade an den Sozialdemokraten, eine positive Alternative zum Nationalismus zu formulieren. „Wir stehen für eine Politik des Miteinanders und gegen das Aufhetzen von Menschen“, erklärte Kern. „Wir stehen für eine Politik der Hoffnung und gegen eine Politik, die die Zweifel nährt. Wir stehen für Weltoffenheit und gegen die geistige Enge. Und wir stehen für Heimatliebe, gegen den Nationalismus und gegen die Hetze.“

Nach einem "Prost Vilshofen!" erntete Kern minutenlange Standing Ovations, die in Sprech- und Jubelchöre übergingen, „Hoch die internationale Solidarität“, skandieren die Zuhörer.

Und Kern übergab an Schulz: "Die Sauna ist vorgeheizt."

 

Und dann kam er: Martin Schulz. „Martin! Martin!“ rief der gesamte Saal, als er das erste Mal die Bühne betrat.

Es funktionierte alles an diesem roten Aschermittwoch, bis ins kleinste Detail: Kurz, bevor Martin Schulz ans Pult tritt, bricht über Vilshofen die Sonne zwischen den Wolken durch und macht das ganze Bierzelt heller. Schulz bringt Spannung in den Bundestagswahlkampf. Beim Einmarsch zum Erzherzog Albrecht Marsch bebte der holzbeplankte Boden des Festzeltes, unter „Martin, Martin“-Sprechchören und frenetischem Beifall zog der SPD-Kanzlerkandidat durch die Bierzeltreihen.

Das Zelt war euphorisiert lange bevor Schulz die ersten Silben sprach. Ob Schüler, Student, alter SPD-Recke oder Berufstätiger, der mitten im Leben steht, – die Begeisterung unter den Genossen warschier grenzenlos. Warum eigentlich? Von frischem Wind war viel die Rede, von Glaubwürdigkeit und Geradlinigkeit. Auch die großen Themen wurden genannt: soziale Gerechtigkeit, der Kampf gegen Rechtspopulisten und für Europa. Für den Wahlkampf versprach Schulz: "Wir kämpfen mit harten Argumenten, aber nicht persönlichen Beleidigungen oder Verunglimpfungen", auch im Bierzelt werde der politische Mitbewerber nicht zum Feind.

Martin Schulz schloß an Kern an, sprach die AfD an, die 20 Kilometer entfernt FPÖ-Chef Heinz Christian Strache zu Gast hatte. "Wir sind seit 150 Jahren ein Bollwerk gegen Ausgrenzung, gegen die Abschottung, gegen den Ultranationalismus." Auch der frühere EU-Parlamentspräsident erinnerte daran, dass Deutschland und Österreich in Form von AfD und FPÖ Gemeinsamkeiten in Sachen Rechtspopulismus hätten. Der Rechtspopulismus habe für nichts eine Lösung. Mit einer Rhetorik der 20er und 30er Jahre und dem Motto "mein Land zuerst" dürfe man nicht der Jugend die Zukunft stehlen. Schulz wurde laut: Die AfD sei eine „Schande für die Bundesrepublik“. „Und wir sind ihr Gegner“, rief Schulz unter Applaus. Anschließend gab Schulz den Rechten Aufklärungsunterricht: „Es heißt im Artikel 1 des Grundgesetzes nicht: Die Würde der Deutschen ist unantastbar, sondern: die Würde des Menschen.“ Und das sei, wie er meinte, vielleicht die entscheidende Trennlinie zwischen Demokraten und Rechtspopulisten: „Uns geht es darum, Sorgen, die viele Menschen haben, ernst zu nehmen. Dafür zu arbeiten, dass ihr Leben besser wird. Stück für Stück. Und nicht aus Sorgen Angst zu machen – und aus Angst Hass“.

"Meine Generation, 1955 geboren, war die erste, die von der Wiege bis zur Bahre keinen Krieg erlebt hat, ich will, dass das für meine Kinder und Kindeskinder so bleibt. Daher ein entschiedenes Nein an Nationalisten, die das zerstören wollen", erklärte der designierte SPD-Chef. Schulz warnte davor, der kommenden Generation durch eine „Meins, meins“- und „Ich-zuerst“-Mentalität die europäische Zukunft zu stehlen und versprach: „Mit mir wird es kein Schlechtreden Europas geben.“
 

Auch seinen Ruf als Eurokrat sprach er an. „Wer ins Kanzleramt will, der muss Europakompetenz haben“, stellte er klar und erntet Jubel. Und Schulz bekannte sich ausdrücklich zur Europäischen Union: "Wenn Europa stark ist, sind wir auch in unseren Ländern und Regionen stark." Der designierte SPD-Vorsitzende zitierte schließlich Alexander Van der Bellen. Es sei nicht schwer, Europa zu zerstören, aber sei ungleich schwerer, es wieder aufzubauen. Mit Schulz werde es kein Schlechtreden der Europäischen Union geben, beteuerte er. Ein starkes Europa sei im besten deutschen und österreichischem Interesse.

Martin Schulz verteidigte die deutsche Flüchtlingspolitik. In der Flüchtlingskrise habe Deutschland das getan, was es als größtes Land habe tun müssen: die meisten Flüchtlinge aufnehmen. Schulz forderte aber mehr Unterstützung von Rest-Europa. „Solidarität ist die Basis der Zusammenarbeit in Europa. Sie ist ein Grundprinzip“, sagte er. Solidarität sei aber „keine Einbahnstraße“: Viele Länder forderten zurecht finanzielle Unterstützung von der EU - es gehe nicht, dass sich nur wenige Länder an der Bewältigung der Flüchtlings-Herausforderung beteiligen. Er mahnte die Solidarität der osteuropäischer Länder an, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollten. Konkret rügte er unter anderem Victor Orbans rechtspopulistische Regierung in Ungarn. Die Sozialdemokratie sei dagegen weiterhin die Partei der „offenen Grenzen“.

Er geißelte in einem Aufwaschen Victor Orban, Donald Trump und Recep Erdogan, was von empörten Buh-Rufen begleitet wurde. Schließlich machte sich Schulz für die Medienfreiheit stark, in den USA, besonders aber auch in der Türkei. Wer seriöse Medien als Lügenpresse diffamiere, „der legt die Axt an die Wurzeln der Demokratie, ob er nun Präsident der USA ist oder in einer Pegida-Demonstration mitmarschiert“.


Schulz riet deren Präsidenten Erdogan, derzeit nicht nach Deutschland zu kommen: "Er soll sich lieber um die Medienfreiheit in der Türkei bemühen, als um Wahlkampf in Deutschland." Es gehe um die großen Werte, die uns in Deutschland – die ganz Europa – stark gemacht haben. Um Gerechtigkeit, Solidarität und Demokratie. Es gehe um Freiheit. Die Frage, wie sie oder er zu diesen Werten stehe, muss jede Politikerin und jeder Politiker heute glasklar und unzweideutig beantworten.

Eines musste Schulz noch anbringen: "Wann immer die Hetze gegen Minderheiten, die Niedertracht in organisierter Form ihre hässliche Fratze erhoben hat, dann war es eine Kraft, die sich dagegen gestellt hat und die die Demokratie verteidigen wird, das ist in Österreich die SPÖ und in Deutschland die SPD – mit einem Wahlsieg am 24. September."

Schulz widmete einen großen Teil seiner Rede auch dem aufkommenden deutschen Wahlkampf, wobei er den Koalitionspartner CDU/CSU in einer "Zwangsehe" verortete. Kanzlerin Angela Merkel habe zuletzt nur ihre "Neugier auf Neues" zum Ausdruck gebracht. In einem Anflug von Faschingslaune sagte Schulz: "Das klingt ja schon nach Lust auf unmoralische Abenteuer!" Er rückte die Unionsparteien in die Nähe einer Scheidung: "Sie erledigen nichts hintereinander, sie laufen auseinander, sie arbeiten gegeneinander. Die sind nicht mehr ganz beisammen! Das ist das Problem dieser beiden Parteien", resümierte Schulz. „Das Neue werde eine SPD-geführte Bundesregierung sein“.

Die SPD habe dagegen eine Reihe wichtiger Verbesserungen durchsetzen können, wie etwa den Mindestlohn. Tarifgebundene Löhne seien immer die besseren, die SPD werde in dieser Frage immer aufseiten der Gewerkschaften stehen. Als Kanzler würde er sich besonders der Probleme der hart arbeitenden Menschen annehmen und sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Schulz zeigte sich ebenso wie seine Vorredner davon überzeugt, bei den Bundestagswahlen im September zu gewinnen. Und in Anlehnung an Kerns Redebeitrag sagte er abschließend: "Im September gehen wir auch ins Bett und stehen auf mit dem Wahlsieg der SPD!"

Schulz richtete dann einen Fingerzeig nach Passau. Er überbrachte „herzliche Grüße an die gefühlte Mehrheit von der realen Mehrheit, die hier im Zelt versammelt ist!“ Tosender Applaus.

„Und ich muss auch sagen: Es hat mich irritiert, dass Horst Seehofer diesen US-Präsidenten für seine Tatkraft lobt. Und dass er Leute wie Victor Orban hofiert, der Ungarn gerade im Stile eines autokratischen Herrschers regiert.“ Anhaltende Buh-Rufe gegen Trump, Orban und Seehofer.

Es ist fast schon hinterfotzig, was Martin Schulz dann machte. Er zitierte einen Zeitungsartikel. Dort sagt jemand, dass es Deutschland gut geht, aber dass viele Menschen Existenzängste haben. Und dass es darauf eine glasklare Antwort braucht. „Das hat Horst Seehofer gesagt“, rief Martin Schulz ins Publikum. Und dann: „Was macht der denn? Der liefert die Begründung dafür, SPD zu wählen!“ Kurz blickte er auf von seinem Pult, blickte auf die Menschen unter ihm, an den Biertischen. Er sah wie sie klatschen, hörte, wie das Klatschen anschwoll zu einem Klatschrhythmus und wie die Rufe laut wurden. „Martin, Martin, Martin!“

Das Thema Gerechtigkeit sparte auch Schulz nicht aus. "Das Land, in dem das Unternehmen seinen Profit macht, muss auch das Land sein, in dem es seine Steuern zahlt." Und weiter: "Wenn wir in der Lage sind, kurzfristig Milliarden für die Rettung der Banken locker zu machen, aber kein Geld für die Schulen haben, in denen der Putz von den Decken bröckelt, dann ist das nicht gerecht." Nicht in eine Steuerreform dürfe investiert werden, die Reiche reicher mache: "Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands steht nicht auf dem Spiel, wenn man Leuten ein Jahr lang länger Arbeitslosengeld I zahlt. Die Wettbewerbsfähigkeit steht auf dem Spiel, wenn wir nicht mehr in Weiterbildung, Qualifizierung, Schulen und Universitäten investieren." 

„Jetzt ist Schulz!“, „Zeit für Martin!“, hielten die Genossinnen und Genossen hunderte rote Plakate hoch. 5.000 Menschen heizten in Vilshofen das größte Bierzelt Bayerns auf.

Martin Schulz nahm nun die arbeitende Bevölkerung ins Visier: Er pries ein „blühendes“ Deutschland mit seiner fleißigen Bevölkerung. Die Menschen verdienten „Respekt für ihre Lebensleistung - und wir, die SPD, müssen ihnen diesen Respekt geben“. Seine Beispiele: Familien mit Kindern, die trotz zweier arbeitender Elternteile die Miete in den Ballungsräumen nicht mehr zahlen können; ein Konzernchef, der trotz verheerender Fehlentscheidungen Millionen an Boni kassiert, während eine Verkäuferin wegen einer kleinen Verfehlung rausgeschmissen wird; der kleine Bäckerladen, der brav seine Steuern zahlt, während der global operierende Cafékonzern seine Multigewinne in Steueroasen verstecken kann.

„In den letzten Tagen gab es einige auf konservativer Seite, die mir vorgeworfen haben, ich würde das Land schlecht reden. Nein, das tue ich nicht. Klar ist: es gibt nicht nur schwarz und weiß. Vieles ist in unserem Land gut - es ist aber auch nicht alles gut. Und wir müssen darüber reden, wenn es besser werden soll. Denn wo stehen wir heute?“

„Wir sind die viertgrößte Volkswirtschaft weltweit. Wir sind ein reiches und erfolgreiches Land. Im europäischen Vergleich stehen wir gut da. Wirtschaftlich, aber auch bei der sozialen Stabilität. Und beim Niveau guter Arbeitnehmerrechte. Das alles kommt aber nicht von selbst. Das ist vor allem Ergebnis des unermüdlichen Einsatzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und tüchtiger Unternehmer. Das ist auch das Ergebnis einer jahrzehntelang gut funktionierenden Sozialpartnerschaft. Mit starken Gewerkschaften, die auf Augenhöhe die Interessen der Arbeitnehmerschaft durchsetzen können“.

„Vor ein paar Tagen habe ich in Neumünster mit einem Mann gesprochen. Mit 14 Jahren in den Betrieb eingestiegen und jetzt mit 50 immer noch da. Der Mann hat Angst. Wenn er seinen Job verliert, bekommt er 15 Monate Arbeitslosengeld. Und dann geht es an seine Existenz. Das darf so nicht sein. Mehr Gerechtigkeit wagen“, so läßt sich Schulz’ Rede in Anspielung auf Willy Brandt zusammenfassen. Dazu zählt auch die von ihm jüngst geforderte Korrektur der Agenda 2010. Ohne das einstige Reformprojekt von Rot-Grün beim Namen zu nennen, verteidigte Schulz in Vilshofen sein Vorhaben: „Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands steht nicht auf dem Spiel, wenn man ein Jahr länger Arbeitslosengeld I zahlt, weil man Leute weiterqualifiziert.“ Eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit sei vielmehr der akute Facharbeitermangel.

Menschen müssten mit Respekt und Anstand behandelt werden, wenn sie ihren Job verlieren. „Menschen, die viele Jahre, oft Jahrzehnte, hart arbeiten und ihre Beiträge zahlen, haben ein Recht auf entsprechenden Schutz und Unterstützung, wenn sie – oft unverschuldet – ins Straucheln geraten. Jeder muss die Möglichkeit bekommen, aus eigener Kraft den Gang zum Job Center zu verhindern. Dazu brauchen wir einen Ausbau der Qualifizierungsangebote für Arbeitssuchende. Wir müssen Qualifizierungsangebote schaffen und genau das verhindern. Diese Angebote werden wir schaffen und den Menschen damit Sicherheit und Perspektive geben. Was wir verstehen müssen ist, dass es hier um den Respekt vor der Lebensleistung der Menschen in unserem Land geht“.

„Wir wollen gleiche Bildungschancen für alle. Wir wollen, dass Menschen nach ihrer Leistung und ihrem Engagement beurteilt werden – und nicht nach ihrem Geschlecht, ihrer sozialen Herkunft, ihrem Geburtsland oder dem Geldbeutel der Eltern. Bildung muss gebührenfrei sein, von der Kita bis zur Universität“.

„Die duale Ausbildung ist dabei eine der Stärken unseres Bildungssystems. Druck, Stress und schlechte Arbeits- und Ausbildungsbedingungen gehören nicht an den Arbeitsplatz. Und erst recht nicht an den Anfang eines Arbeitslebens! Darum werden wir die duale Ausbildung aufwerten und stärken. Eine Ausbildungsgarantie und gute Vermittlung, Beratung und Betreuung über die Jugendberufsagenturen, von Anfang an!“

Die Menge im Festzelt hate der SPD-Kandidat auf jeden Fall erreicht. Sie schwenkte „Jetzt ist Schulz“- und „Zeit für Martin“-Plakate.

Ganz leise wurde es im Bierzelt, als Schulz davon sprach, wie er in einfachen Verhältnissen aufwuchs. Die Mutter Hausfrau, der Vater Polizist, er selbst lieber auf dem Fußballplatz als in der Schule. Er erzählt, wie der Traum von einer Fußballprofi-Karriere zerbrach, wie er in der Schule scheiterte. Dass er durch seine Alkoholsucht beinahe auf der Straße gelandet wäre, hatte Schulz bereits vor einiger Zeit in einem Interview offenbart. „Ich habe eine zweite Chance bekommen“, sagte Schulz. „Und ich bin stolz, dass ich sie genutzt habe.“ Chancen, Stolz-sein-dürfen – das wünscht Schulz jedem Einzelnen, womit er vielen aus dem Herzen spricht. Abitur oder akademische Grade seien nicht wichtig. Er zielt auf das Herz der Genossen, auf die Emotionen.

„Politik ist nicht nur eine Frage von Kopf und Verstand“, belehrte Schulz. „Die Frage ist: Sind wir auch mit dem Bauch dabei, mit dem Gefühl?“ Die Politik müsse mit jedem Einzelnen mitfühlen. „Wie ist es, nachts aufzuwachen in Sorge um pflegebedürftige Angehörige? Wie ist es für einen jungen Menschen, ohne Erfolg 100 Bewerbungen verschickt zu haben? Wie ist es, eine Familie gründen zu wollen, aber von einer Befristung in die nächste geschickt zu werden?“, fragte Schulz. Ein Sozi solle jedes dieser Schicksale „im Herzen fühlen“, sich darum bemühen, das Leben jedes Einzelnen zu verbessern. „Wenn wir das rüberbringen, gewinnen wir die Wahl“, versprach Schulz unter dem Jubel der Anhänger. „Danke, dass ihr dabei seid! Zusammen machen wir Deutschland gerechter.“

Die Zuhörer waren begeistert, tatsächlich wares Schulz, der das Festzelt rockte, und als er sagte: "Die SPD tritt an, um stärkste Kraft in Deutschland zu werden", standen die Menschen längst und schwenkten ihre roten Fahnen. Als Schulz weiter versprach: "Ich trete an, um Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden", das ging bereits in begeisterten "Martin"-Rufen unter. Da stand längst auch Kern und applaudierte dem deutschen Genossen.

Spätestens nach seiner 45-minütigen flammenden Rede für mehr soziale Gerechtigkeit waren sich die Allermeisten sicher, dass sie dem künftigen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zujubeln. Nichts hielt seine Fans mehr auf ihren Plätzen, sie kletterten auf die Bierbänke, schwenkten SPD-Fähnchen und rote Schilder mit der Aufschrift „Zeit für Martin!“, „Jetzt ist Schulz!“, skandierten minutenlang seinen Vornamen Das Zelt bebte! Freudestrahlend winkt er von der Bühne.

Martin Schulz, der Kanzlerkandidat der SPD, hatte in Vilshofen das SPD-Rot leuchten lassen. Ein kräftiges Rot, nein, nicht das aggressive, sondern das liebevolle, das die Herzen berührt und zusammenbringt. Er sprach viel über Werte, Demokratie und Gerechtigkeit, aber wenig über seine politischen Gegner. Für ihn seien auch im Bierzelt Beleidigungen nicht angebracht, sagte er. Er war fair im Umgang mit seinen politischen Gegnern, hart im Ton, AfD betreffend, ging er kritischer und härter, aber nicht beleidigend ins Gericht. Jetzt ist mit Schulz einer da, der Mensch ist und nicht nur Politiker.

Dass es Martin Schulz im größten Aschermittwochszelt aller Zeiten bestens gefallen hat, konnte man an seinem strahlenden Lächeln zum Schluss der Veranstaltung um kurz vor 13 Uhr sehen. Auf die Frage des Vilshofener Anzeigers, ob er nächstes Jahr als Bundeskanzler wieder zum Politischen Aschermittwoch nach Vilshofen kommen werde, antwortete er: „Aber hundertpro!“

Vilshofens Bürgermeister Florian Gams hatte nicht zu viel versprochen, als er den „Aschermittwoch der Superlative“ ankündigte. Er hat Recht behalten. So etwas hatte Vilshofen noch nicht erlebt. Grandios! Phänomenal! Bombastisch! Fantastisch! Unvorstellbar! lauteten die überwiegenden Kommentare der Besucher, die eine einzigartige Stimmung von Aufbruch und Neuanfang der SPD verspürten: „Mich erinnert die Veranstaltung an die Zeiten von Willy Brandt, als es auch um Frieden und Sozialpolitik ging. Damals wie heute ist eine richtige positive Aufbruchstimmung spürbar. Klar, dass Schulz unser neuer Bundeskanzler wird.“  Ein anderer: „Die Leute haben eine tiefe Sehnsucht, mit ihren Problemen verstanden zu werden. Martin Schulz ist die ideale Antwort auf Leute wie Trump oder andere Rechtspopulisten. Schulz hat eine große Chance, Kanzler zu werden.“


Einziger Wermutstropfen an diesem Vormittag bei den Besuchern: Es haperte am Biernachschub. Auch das Essen war ausgegangen. 750 Paar Weißwürste, 500 Semmeln, 1500 Brezen, 300 Fischsemmeln und 500 Käseportionen – alles war um kurz vor 11 Uhr ratzeputz weg – aber so richtig sauer war keiner.

Natürlich wollen wir auch wieder einen Blick auf die politischen Mitbewerber werfen:

 

CSU:  Seehofer gibt den Trump

„Bayern-zuerst“-Dauerthese der CSU - „Aufhorstung“ stand auf den Plakaten an der Wand

Er könne nichts dafür, wenn US-Präsidenten „unser Programm abschreiben“, meinte Seehofer stimmlich angeschlagen wie jedes Jahr. Hundertprozentig abgestimmt war dieses Bekenntnis mit den anderen Rednern wohl nicht, denn der stellvertretende CSU-Vorsitzende und Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, geißelte Trumps „America first“ als „amerikanische Ellenbogen gegen Zigtausende Arbeitsplätze bei uns“. Weber setzte Seehofer ein bierzeltfähiges, aber dennoch klaren Bekenntnis zur EU entgegen. Kremlchef Wladimir Putin und Trump wollten ein schwaches Europa, deshalb begrüße der US-Präsident auch den Brexit, sagte Weber. Doch die Einzelstaaten könnten sich weder gegen chinesischen Dumping-Stahl wehren noch den Apple-Konzern für 13 Milliarden ersparte Steuern zur Kasse bitten. Aber so ist die CSU – von allem etwas!

Seehofer versprach Steuersenkung und „Jobs, Jobs, Jobs“ - allerdings war es weder ihm noch seinen Mitstreitern gelungen, die Besucher zu den sonst so berühmt-berüchtigten Begeisterungsstürmen hinzureißen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zog ungeachtet des anwesenden österreichischen Innenministers Sobotka über die österreichischen Nachbarn her, die für die Nutzung ihrer Straßen kassierten, aber kostenlose Fahrt für ihre Bürger in Deutschland wollten. Ansonsten redete Dobrindt gegen einen steigenden Geräuschpegel an. Mühsam grub er sich durch die bundespolitischen Themen. Dobrindt warnte vor einer „antibürgerlichen“ Bundesregierung - und den Linken als „Erben der SED“ und SPD und Grünen als „Steigbügelhalter der Erben der SED“, gegen die die CSU im September antreten wolle. So richtig Euphorie wollte im Saal aber nicht aufkommen. Und als er auch noch seine Maut erklären wollte, hagelte es Pfiffe.

In der klimatisierten Dreiländerhalle in Passau schimpfte die CSU gegen den SPD-Kandidaten. Generalsekretär Andreas Scheuer griff in eine der unteren Schubladen und nannte den SPD-Kanzlerkandidaten unter anderem „Schwafel-“ und „Schizo-Schulz“ - „Schulden-Schulz“, ein „Brüssel-Schulz“, der in seiner Zeit im EU-Parlament anders geredet habe als jetzt der „Berlin-Schulz“, „Martin, der Schummler“, hieß es bei den anderen in der CSU  - „Es ging immer darum, den Gegner in den Dreck zu ziehen“, wird ein junger Religionslehrer, der diese Veranstaltung das erste Mal besuchte, in der Presse zitiert.

Es ist ja der erste politische Aschermittwoch seit der Flüchtlingskrise, in der CSU gärt es noch, ob man die CDU-Kanzlerin wirklich als alte neue Heldin akzeptieren will. Seehofer schwang deshalb unter dem Jubel der Menge die Keule gegen Flüchtlinge. 

Und dann gab es noch den bizarrer Nebenkriegsschauplatz: Seehofer gegen Markus Söder. Der Finanzminister wird in der Halle kaltgestellt, so gut es geht. Er darf nicht reden, kommt auch in den Talkrunden zwischen den Auftritten nie dran. Kein CSU-Redner erwähnte ihn. Keines der von der Parteileitung genehmigten und gedruckten Transparente an der Hallenwand befasste sich mit Söder.

Sollte der Politische Aschermittwoch der CSU in Passau in seinem neuen Format mit mehreren Rednern ein großes Casting in Sachen Seehofer-Nachfolge gewesen sein, dann steht der Sieger fest: Es ist Horst Seehofer selbst. Letztendlich versuchte er auch noch Schulz zu kopieren: Er erklärte, er stamme „aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Der Vater sei Maurer gewesen, habe viel gearbeitet, am Freitag habe man sehnlich auf die Lohntüte gewartet, um das Wochenende finanzieren zu können“. Wie billig!

 

Die GRÜNEN: „AfD ist der Thinktank für die CSU“

Die Grünen gingen in Landshut besonders die CSU hart an. „Man hat manchmal das Gefühl, die AfD ist der Thinktank für die CSU“, sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Die Grünen wollen die große Koalition ablösen und künftig mitregieren. „Bei der Bundestagswahl wird darüber entschieden, ob unsere Kinder noch saubere Luft und sauberes Wasser haben und einen Planeten, der gesund ist“, sagte Göring-Eckardt. Die Umfragewerte für die Grünen sind im Keller, liegen derzeit klar unter zehn Prozent.

Der niederbayerische Bundestagskandidat Erhard Grundl zitierte einen Songtitel von Wolfgang Ambros: „Es lebe der Zentralfriedhof“, kalauerte Grundl mit Blick auf ein mögliches Comeback von früheren CSU-Größen wie Christine Haderthauer und Karl-Theodor zu Guttenberg. Horst Seehofer - ein „Ministerpräsident zum Schämen“.

 

FDP: Gegen eine „Verschulzung“ der Gesellschaft

FDP-Chef Lindner ging den möglichen Koalitionspartner CDU hart an. „Zwölf Jahre Angela Merkel haben unser Land sediert, haben die Politik narkotisiert. Wir hatten nur die Raute“, sagte er in Dingolfing. Schulz warf er gleich vier Mal „soziale Heuchelei“ vor. Er wehre sich gegen eine „Verschulzung“ der Gesellschaft, kündigte Lindner an.

 

Freie Wähler: „Das ist nicht mein Präsident.“

Hubert Aiwanger in bekannter Manier – u.a. zu CSU-Generalsekretär Scheuer, „ein Schwarzer, den man bisher weder zum Ministrieren noch zum Fußballspielen gebrauchen konnte“.

Alexander Hold, der für die Freien Wähler als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl angetreten war, gab sich als schlechter Verlierer: Wenn Bürger nicht selber wählen dürften, verstehe er, dass viele sagten: „Das ist nicht mein Präsident.“

 

AfD: FPÖ-Chef Strache als Ehrengast

Ehrengast aus Österreich – FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: „Deutschen im eigenen Land zu Fremden und den Kölner Dom irgendwann zu einer Moschee machen“. FPÖ-Chef Strache wurde von den Zuhörern mit Zugaberufen und Namenskandierungen bedacht.

Überall auch Kameras, Mikrofone und Laptops im Saal: Das Interesse an der Berichterstattung war groß, obwohl die Medien bei der AfD verschrien sind. H.C. Strache meinte: „Für so manipulierte Medienberichte müssten doch die Müllgebühren genügen!“

Massives Polizeiaufgebot beschützte die AfD vor Demonstranten - Besondere Vorfälle gab es aber nicht.


Und die Kanzlerin?

„Kanzlerin Merkel (CDU) bekommt die Mundwinkel nicht nach oben und zeigt, dass sie keine Lust auf Wahlkampf hat.“

 

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