Wanderausstellung "Schuld & Sühne?" - Station Regensburg

Veröffentlicht am 13.12.2016 in Veranstaltungen

Vera Aßmann und Hans-Joachim Otte aus dem SPD-Ortsverein Gröbenzell holten sich das Friedenslicht aus Bethlehem und Informationen zur „Ausstellung Schuld& Sühne?“ von stellvertretendem Schulleiter Sebastian Brandl (Mitte), AK-Sprecher Rainer Pasta (2.v.re.) und Dr. Christoph Bachmann, Leiter des Staatsarchivs München ab.

 

Mit dem Friedenslicht aus Bethlehem gegen Rechtsextremismus

„Wenn ein Mensch ein Licht entzündet, bedeutet es nicht viel, wenn es viele tun, wird die Welt heller.“ – Dieses Motto haben sich die Schüler der Breitschaft in Regensburg sehr zu Herzen genommen. Sie wollen ein Licht gegen die Finsternis des Extremismus entflammen. Im Rahmen einer öffentlichen Feier wurde das Friedenslicht aus Bethlehem am 12. Dezember in der Schule unweit des Regensburgerdoms feierlich empfangen. Gerne unterstützte der SPD-AK Labertal die Veranstaltung mit der „Schuld und Sühne? – NS-Gewaltverbrechen und ihre Aufarbeitung“.

Vor mehr als 20 Jahren waren es Schüler der Privaten Wirtschaftsschule Breitschaft, die erstmals das Friedenslicht aus Bethlehem nach Regensburg und damit auch nach Bayern gebracht haben. Das Friedenslicht wird jährlich zu Weihnachten in der Geburtskirche Jesu in Bethlehem entzündet und nach Österreich gebracht. Von dort wird es als Symbol des Friedens seit 1986 zu Weihnachten mittlerweile rund um den Erdball verteilt. Schüler der Privaten Schulen Breitschaft verteilen das Licht auch dieses Jahr weiter in Familien, Altenheime und Kitas. Es soll gerade in der Vorweihnachtszeit zum Frieden mahnen, so die Schüler in ihrer Anmoderation.

Organisiert wurde der Abend von der Klasse 9a. Die Schülerinnen und Schüler haben als Hauptthema „Rechtsextremismus“ ausgewählt. Passend dazu wurde die Wanderausstellung des Staatsarchivs München und des SPD-Arbeitskreises Labertal „Schuld und Sühne? – NS-Gewaltverbrechen und ihre Aufarbeitung“ an der Schule eröffnet, die noch bis 19.12.2016 während der Öffnungszeiten der Schule zu besichtigen ist.

Der Reinerlös aus dem Verkauf von Kerzen, Glühwein und Weihnachtsgebäck ging an die Kampagne „Rechts gegen rechts“, einer Initiative die u.a. die Aussteigerhilfe Bayern e.V. zur Unterstützung von Aussteigern aus der rechten Szene unterstützt. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung vom Regensburger Bläserensemble, Grußworte sprachen die Schirmherren der Aktion, Domkapitular Johannes Neumüller und Harry Landauer (Funkhaus Regensburg) sowie Daniel Saam von der Alt-Katholischen Gemeinde in Regensburg. Weitere Beiträge gestalteten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a. Im Anschluss konnte das Friedenslicht mit nach Hause genommen werden.

Ausstellung „Schuld und Sühne“ seit Anfang Oktober in der Region unterwegs

Rainer Pasta, Sprecher des Arbeitskreises Labertal freute sich, dass der Schlusspunkt der Wanderausstellung „Schuld und Sühne?“ zu diesem feierlichen Anlass in Regensburg gesetzt werden konnte. Er lobte die Initiative der Schülerinnen und Schüler gegen Rechtsextremismus. Nicht umsonst sei die Privatschule Breitschaft mit dem Prädikat „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet worden. „Seit nun mehr 11 Wochen ist die Ausstellung in der Region unterwegs und wurde bisher in Rohr, Neustadt, Ergoldsbach, Aufhausen, Rottenburg, Straubing, Pfaffenberg und Geiselhöring gezeigt“, so Rainer Pasta, der besonders Vera Aßmann und Hans-Joachim Otte aus dem SPD-Ortsverein Gröbenzell begrüßte , die sich in Regensburg das Friedenslicht aus Bethlehem und Informationen zur „Ausstellung Schuld& Sühne?“ abholten und die Ausstellung im Januar 2017 zeigen wollen.

Dr. Christoph Bachmann, der Leiter des Staatsarchivs München führte anschließend die interessierten Besucher in die Ausstellung ein und präsentierte anhand der 14 Ausstellungstafeln ausgesuchte Fälle von NS-Gewaltverbrechen und deren Aufarbeitung. Etwa 95 Prozent aller NS-Verfahren, die durch oberbayerische Justizbehörden geführt worden sind, seien eingestellt worden, sagte Bachmann. Die Bedeutung der Verfahren wegen nationalsozialistischer Verbrechen sei mit Blick auf Sühne und Vergeltung negativ zu bewerten.  Das Gewicht liege somit mehr auf einer pädagogischen Stufe, so Bachmann. "Die Auseinandersetzung mit staatlich angeordneten Gewaltverbrechen nützte der Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur, die ihrer diktatorischen Ausgangspunkte eingedenk bleibt", fasste Dr. Bachmann abschließend zusammen und verwies auf den dadurch angesammelten Archivbestand, der die Umstände vieler Verbrechen dokumentierte, die ansonsten der Vergessenheit überlassen worden wären.

„Sie haben Ihren Mut mit dem Leben bezahlt“

Auch die fehlende gerichtliche Aufarbeitung zu den Vorkommnissen im Polenkinderlager Laberweinting und die Standgerichtsprozesse zur Ermordung von Regierungsrat Dr. Franz Seiff, Landshut, sowie Friedrich Beutlhauser und Alois Huber, Ittling werden in der Ausstellung als regionale beispiele thematisiert. Besonderes Interesse zeigten die Besucher an den Urteilen zur Ermordung von  Domprediger Johann Maier in Regensburg:

Am 22. April 1945 forderte der nach Regensburg geflohene Gauleiter von Bayreuth Ludwig Ruckdeschel in Regensburg die Verteidigung der Stadt bis zum Äußersten. Angesichts der zunehmenden Angst innerhalb der Regensburger Bevölkerung wuchs der Wunsch einer kampflosen Übergabe der Stadt. Dies sollte in einer öffentlichen Kundgebung am Nachmittag des 23. April auf dem Moltkeplatz (heute Dachauplatz) gegenüber der Stadtverwaltung und der NSDAP-Parteistellen zum Ausdruck gebracht werden. Der am 23. Juni 1906 in Berghofen, Niederbayern, geborene Johann Maier wirkt seit 1939 als Domprediger in Regensburg. Er ist als entschlossener Gegner des Regimes bekannt. Der Geistliche ergriff im weiteren Verlauf das Wort, um die ca. tausendköpfige Menge, darunter hauptsächlich Frauen mit Kindern, alte Leute aber auch Soldaten, zu beruhigen. Er wollte die Demonstrationsteilnehmer auffordern, nur um eine kampflose Übergabe der Stadt zu bitten und keine Forderungen an den NSDAP-Kreisleiter zu stellen. Bevor der Domprediger aber seine Bitte vollständig zu Ende führen konnte, wurde er von einem Polizeibeamten von seinem erhöhtem Standort gerissen und unter dem lautstarken Protest der Anwesenden zur Polizeidirektion im Minoritenweg abgeführt. Der frühpensionierte Gendamerie-Hauptwachtmeister Michael Lottner, der der Verhaftung von Domprediger Dr. Johann Maier lautstark widersprach, wurde in die Kreisleitung gebracht und erschossen.

Der anwesende Gauleiter Ruckdeschel erteilte dem Kreisleiter Weigert den Befehl, die „Rädelsführer“ sofort auf dem gleichen Platz und vor der Volksmenge aufzuhängen. Kreisleiter Weigert hatte jedoch Schwierigkeiten, diesem Befehl zu folgen, da Gestapochef Sowa ein Gerichtsurteil für nötig hielt. Daraufhin wurde zwischen 18.30 und 19 Uhr ein Standgericht zusammen gerufen. Das Standgericht tagte dann von circa 20/21 Uhr bis etwa 0.30 Uhr in Zimmer Nummer 114 der Polizeidirektion Regensburg.

Maier wurde noch am gleichen Abend von einem Standgericht wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode durch den Strang verurteilt. Den Vorsitz des Standgerichts hatte der Regensburger Landgerichtsdirektor Johann Schwarz inne, als Staatsanwalt fungierte Alois Then und als Prozessbeobachter des Gauleiters war der SS-Obergruppenführer Paul Hennicke anwesend. Als Beisitzer des Standgerichts traten der stellvertretende Geschäftsführer der Regensburger Milchwerke und Vorsitzende des Parteigerichts der NSDAP, Hans Gebert, und der Gendarmerie-Major Richard Pointner auf.

Das Urteil wurde nach Bestätigung durch Reichsverteidigungskommandant Ruckdeschel noch in der Nacht gegen 3.25 Uhr durch Gestapoleute auf dem Moltkeplatz vollstreckt. Maier und Zirkl wurden an einer Querstange, zwischen zwei Fahnenstangen, mit Gesicht zum Dom erhängt. Der erschossene Lottner wurde aus der Kreisleitung geholt und unter den Galgen gelegt.

Ludwig Ruckdeschl wird am 19.2.1948 wegen versuchten Todschlags in Tatmehrheit mit einem Vergehen der fahrlässigen Tötung, dieses in Tateinheit mit einem Vergehen der fahrlässigen, unzulässigen Vollstreckung in je zwei Fällen zu 8 Jahren verurteilt. Nach der vorzeitigen Haftentlassung 1952 fand Ruckdeschel eine Beschäftigung als Gästeführer für prominente Gäste bei VW in Wolfsburg.

Der 1893 in Zeitlarn geborene Volksschullehrer Wolfgang Weigert war bereits seit 1932 NSDAP-Kreischef und NSDAP-Kreisleiter. Neben der Beteiligung an der Ermordung von Domprediger Johann Maier, Josef Zirkl und wahrscheinlich auch von Michael Lottner, hatte Weigert auch den Marsch von Juden am Tag nach dem Synagogenbrand am 10. November 1938 durch Regensburg befohlen. Weigert, der stets in Parteiuniform auftrat ist ein trauriger Beleg dafür, wie nach dem Zweiten Weltkrieg das Vergessen der NS-Greuel wichtiger war als die Aufarbeitung der Verbrechen: In zwei Prozessen, ersterer (19. Februar 1948) wegen versuchtem Totschlag, fahrlässiger Tötung bzw. Beihilfe des Maier-Mordes, zweiterer wegen des Synagogenbrandes, wurde er zunächst zu Zuchthaus verurteilt. Einmal zu 18, zum anderen zu 21 Monaten. Viel gravierender fiel für Weigert allerdings das sogenannte Sühneverfahren in seinem Entnazifizierungsprozess aus: Weil er als NSDAP-Kreisleiter ein Nazi war, wurde er zu zehn Jahren als Hauptbeschuldigter verurteilt.

Doch schon wenige Jahre nach diesem Urteil sollte Weigert in den Genuss der sich wandelnden politischen Rahmenbedingungen kommen. 1953 hebt die Hauptkammer München das Urteil der Regensburger Spruchkammer auf. „Das Verfahren gegen den Betroffenen wird gemäß § 1 des Gesetzes zur Abschluss der politischen Befreiung in Bayern vom 27.7.1950 eingestellt.“ Durch die Aufhebung des Urteils gegen Weigert bekam dieser ab 1953 eine Pension als früherer Stadtschulrat. Bis zu Weigerts Tod 1974 zahlt ihm der Regensburger Steuerzahler eine fürstliche Pension, von der Angehörige der am 23. April 1945 Ermordeten bis heute nur träumen können.

 

 

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